Zweitfamilien, Zweitfrauen, Zweitmänner - Urteile über Kindesunterhalt (minderjährig)

BGH: Unterhalt bei beinahe wechselnder Betreuung des Kindes

BGH: Unterhalt bei beinahe wechselnder Betreuung des Kindes

Unterhalt bei wechselnder Betreuung eines Kindes

Klaus Wille
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Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte darüber zu entscheiden, ob sich etwas an der Unterhaltspflicht verändert, wenn der Unterhaltspflichtige 1/3 des Monats das Kind betreut und mitversorgt. Das Gericht hat dies im Ergebnis verneint.

Ausgangslage

In der Praxis ist häufig so, daß einer das Kind betreutund versorgt und der andere das Kind nur an den Umgangstagen sehen darf. In derRegel erhält derjenige den Kindesunterhalt ausgezahlt, der das Kind betreut. Esgibt aber nicht selten den Fall, daß der Unterhaltspflichtige sich zusätzlichnoch an der Betreuung beteiligt. Dann stellt sich zu Recht die Frage, ob derUnterhaltszahler quotenmäßig verkürzt werden kann oder er trotz seiner höherenBetreuungsleistungen den Unterhalt in voller Höhe zahlen muß.

Sachverhalt (verkürzt)

Der BGH hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem derKläger der Sohn des Beklagten ist. Die elterliche Sorge steht den Elterngemeinsam zu, wobei das Kind überwiegend bei der Mutter lebt. Der Vater wurdenun auf Zahlung des vollständigen Unterhaltes gemäß der Einkommensgruppe 7 derDüsseldorfer Tabelle verklagt. Der Beklagte hat nun vorgetragen, daß er zu1/3 das Kind mitbetreut. Dies müsseauch bei der Unterhaltsverpflichtung berücksichtigt werden. Daher schulde ernur 2/3 des ermittelten Zahlbetrages.

Urteil des BGH vom 21.12.2005 (Az.: XII ZR 126/03)


Das Gericht lehnte eine solche quotenmäßige Anrechnung ab.

Das BGB geht davon aus, daß ein Elternteil das Kind betreue und versorge und der andere den Unterhalt zahle (vgl. BGH in: FF 2006, S. 196). Dies gelte solange, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt. Daran ändere sich auch nichts, wenn der Unterhaltszahler eigene bzw. zusätzliche Betreuungsleistung erbringt.

Dies werde auch deswegen nicht verändert, weil der Unterhaltszahler im Rahmen der normalen Umgangskontakte ca. 5 – 6 Tage das Kind betreut und dafür grundsätzlich auch keine Anerkennung erfolgt. Daher führe die Verpflegung von weiteren 4 bis 5 Tagen auch nicht zu nennenswerten Ersparnissen der anderen Elternteils (vgl. BGH in: FF 2006, S. 197).

Fazit

Die zusätzlichen – über die Umgangskontakte hinausgehenden - Betreuungs- und Versorgungsleistungen wirken sich unterhaltsrechtlich nicht aus.

Etwas anderes soll –so der BGH - aber gelten, wenn die Eltern sich in der Art und Weise in einer Betreuung eines Kindes abwechseln, daß jeder von ihnen die Hälfte der Versorgungs- und – Erziehungsaufgaben wahrnimmt. Dann soll eine anteilige Unterhaltspflicht in Betracht kommen (so: BGH in: FF 2006, S. 196)

Das Gericht hat mit dieser Entscheidung auch praktische Problem vermieden. Andernfalls hätte die Gericht die einzelnen Tage abzählen und sich fragen müssen, ob dieser oder jener Tag zu dem allgemein Umgangszeitraum zählt oder als zusätzliche Betreuungsleistung zu werden ist. Denn nur im letzteren Fall hätte eine quotenmäßige Beteiligung in Betracht kommen können.

(Quelle: Fachartikel bei anwalt24.de: http://www.anwalt24.de/profil/54206/klaus_wille/blog/15/883/unterhalt_bei_wechselnder_betreuung_eines_kindes )

Volltext: http://lexetius.com/2005,3735

Biene

Re: BGH: Unterhalt bei beinahe Wechselmodell

Hallo,

immer wieder stellt sich die Frage, ob Barunterhalt reduziert werden kann, wenn auch der "andere" Elternteil eine recht hohe Betreuungsleistung erbringt.

Der BGH hat das schon 2005 - siehe http://www.carookee.com/forum/Zweitfamilien-Zweitfrauen/51/BGH_Unterhalt_bei_wechselnder_Betreuung_des_Kindes.12559049.0.01103.html entschieden.

Auch 2007 gab es eine ähnliche Entscheidung, die im Anhang zu finden ist.

Die Pressemitteilung http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=481fd306cb58792f9354d723c31bb1dd&anz=1&pos=0&nr=39033&linked=pm&Blank=1 zusätzlich hier zum besseren Verständnis des Urteils:

Nr. 32/2007
Kindesunterhalt bei abwechselnder Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile

Die 1991 geborenen Klägerinnen nehmen ihren Vater, den Beklagten, auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Sie leben überwiegend bei ihrer Mutter, während sich die weitere 1986 geborene Tochter überwiegend beim Vater aufhält. Beiden Elternteilen steht die elterliche Sorge für die Kinder gemeinsam zu. Sie betreuen die Kinder abwechselnd, und zwar bezüglich der Zwillinge in der Weise, dass diese sich von Mittwochabend bis Montagmorgen beim Vater aufhalten und sodann nach der Schule in den Haushalt der Mutter wechseln, wo sie bis zum Mittwochabend der folgenden Woche bleiben. Die Ferien verbringen die Zwillinge jeweils hälftig bei einem der Elternteile.

Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass beide Eltern für die Zwillinge Barunterhalt zu leisten hätten. Denn diese hielten sich in weitergehendem Umfang bei dem Vater auf als im Rahmen eines üblichen Umgangsrechts. Ihr Bedarf sei deshalb nicht nur nach dem Einkommen des Vaters, sondern nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile zu bestimmen und um die beim Vater zusätzlich anfallenden Wohnkosten zu erhöhen. Für diesen Bedarf hätten die Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen aufzukommen. Die so ermittelten Anteile seien allerdings in Höhe der jeweils erbrachten Betreuungsleistungen gedeckt, so dass nur der jeweils verbleibende Betrag als Barunterhalt verlangt werden könne. Der Vater schulde deshalb keinen höheren Unterhalt als vom Amtsgericht zuletzt in Höhe von monatlich jeweils 142 € ausgeurteilt.

Die Revision des Vaters hatte keinen Erfolg.

Der u. a. für Familiensachen zuständige XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat allerdings die Auffassung vertreten, dass die Mutter ihre Verpflichtung, zum Unterhalt der Zwillinge beizutragen, allein durch deren Pflege und Erziehung erfüllt, während der Vater allein für deren Barunterhalt aufzukommen hat. Diese Aufteilung von Bar- und Betreuungsunterhalt ist so lange nicht in Frage zu stellen, wie das deutliche Schwergewicht der Betreuung bei einem Elternteil liegt, dieser mithin die Hauptverantwortung für ein Kind trägt. Das ist grundsätzlich auch dann der Fall, wenn sich ein Kind im Rahmen eines über das übliche Maß hinaus wahrgenommenen Umgangsrechts bei einem Elternteil aufhält und sich die Ausgestaltung des Umgangs bereits einer Mitbetreuung annähert. Solange der andere Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, muss es dabei bleiben, dass er seine Unterhaltspflicht durch die Pflege und Erziehung des Kindes erfüllt. Anders kann es sein, wenn sich die Eltern die Verantwortung für ein Kind in etwa hälftig teilen. Zur Beantwortung der Frage, ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt, kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung indizielle Bedeutung zu, ohne dass die Beurteilung sich allein hierauf zu beschränken braucht.

Im vorliegenden Fall entfällt auf den Beklagten ein Betreuungsanteil von etwas mehr als 1/3 (gerundet 36 %), so dass die Eltern keine Betreuung in einem Wechselmodel mit im Wesentlichen gleichen Anteilen praktizieren. Daher ist für die Zwillinge nur der Vater barunterhaltspflichtig mit der Folge, dass der Barunterhalt allein nach seinem Einkommen zu bemessen ist. Der entsprechende Bedarf kann zwar teilweise durch Naturalleistungen des betreuenden Elternteils gedeckt sein. Das war hier aber nicht der Fall, so dass der Beklagte jedenfalls Unterhalt in dem vom Amtsgericht ausge-urteilten Umfang schuldet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Vater die ältere Tochter überwiegend betreut. Den für diese schuldet nicht er, sondern die Mutter Barunterhalt.

Urteil vom 28. Februar 2007 - XII ZR 161/04

AG Bamberg – Entscheidung vom 4.12.2003 – 1 F 1176/03 ./. OLG Bamberg - Entscheidung vom 27.7.2004 – 2 UF 25/04

Karlsruhe, den 1. März 2007

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